Thursday, January 21, 2016

„Unnötig vor allem ist eben der Krieg!“ (Lysistrata)v von Irene Eckert

lysistrata 
Frau, Staat und Gewalt -  Anmerkungen zu einem  MSK-kritischen Beitrag von M.Schreiber (1)
Lysistrata und die Geburtshelferrolle der Hebamme, das sind friedfertig antike Bilder aus kriegerisch-attischer Zeit. Diese Zeit brachte nicht nur unser europäisches Demokratiemodell, sondern auch überzeitlich wirkende große Denker und Dichter hervor, solche etwa wie Aristophanes, den Lustspielautor und Sokrates, den Sohn einer Hebamme und Begründer der westlichenWeisheitslehre. Beides Männer, aber doch solche von ungewöhnlich staatskritischem, friedfertigem Zuschnitt. Dem Dichter Aristophanes verdanken wir das Antikriegsdrama Lysistrata.
Die Titelheldin und Bürgerin Athens, auf deren Geheiß hin die Frauen die Akropolis besetzen, lässt Aristophanes überlegen verkünden:
„Nicht Stangen – nein, Verstand bedarf es hier!“ und sie fordert, dass die Frauen fortan die Staatskasse verwalten sollten, denn „Unnötig vor allem ist eben der Krieg!“ und weiter meint Lysistrata, „Wärt ihr bei Sinnen“,
So behandeltet ihr die Geschäfte des Staats akkurat wie wir Frauen die Wolle!
Wie die Wolle vom Kot und vom Schmutz in der Wäsche man säubert,
So müßt ihr dem Staate von Schurken das Fell reinklopfen, ablesen die Bollen:
Was zusammen sich klumpt und zum Filz sich verstrickt – Klubmänner, für Ämterbesetzung
Miteinander verschworen – kardätschet sie durch und zerzupfet die äußersten Spitzen,
Dann krempelt die Bürger zusammen hinein in den Korb patriotischer Eintracht
Und mischt großherzig Insassen dazu, Verbündete, Freunde des Landes;
Auch die Schuldner des Staats, man verschmähe sie nicht (2)…
Wie aktuell doch klingen diese antiken Zeilen. Nicht gegen das Staatswesen als solches sind sie sinniger Weise gerichtet, sondern sie fordern eine nicht korrupte, friedliche, allen dienliche Zusammenarbeit in der neu zu ordnenden Polis. Nicht ist also der Staat als Gemeindeordnung eine
männlich-aggresive Kopfgeburt hier. Vielmehr muss die als Verfilzung erscheinende Unordnung beseitigt werden. Die Ordnung im Gemeinwesen ist so zu gestalten, dass alle teilhaben können, dass allen Interessen Geltung verschafft wird und nicht sich die einen auf Kosten der anderen bereichern.
Eine nach innen egalitäre und gerechte Gemeindeordnung wird es nicht nötig haben, seine Nachbarn mit Krieg zu überziehen, um sich deren Hab und Gut an zu eignen. Gerechtigkeit nach innen schafft Friede nach außen. Dieser Leitgedanke, der den Interessen der Gierigen und Mächtigen entgegentritt, zieht sich durch alle weisen Texte von der Antike bis zu Gegenwart.
Ethik und elementare Moralvorstellungen sind die Basis, die menschliches Zusammenleben ertäglich und angenehm machen und sie finden sich daher in allen Weisheitslehren der Welt.
Männermordende Kriege als Geburtshelfer der Frauenemanzipation?
Frauen haben, trotz ihrer gewichtigen Beiträge, die sich auch in den Mythen der Antike, wenngleich meist in verzerrter Form widerspiegeln, über Jahrhunderte hinweg auf Grund ihrer reproduktiven Fähigkeiten, eine untergeordnete Rolle spielen müssen.
Die männerraubenden Kriege der Moderne machte die umfangreiche Einbeziehung von Frauen in den Produktionsprozess zu einer Notwendigkeit. Die Entdeckung der Geburtenregulierung hob allmählich alle bis dato gültigen Einschränkungen für Frauen sukzessive auf. Heute können und müssen teilweise die Frauen sogar Dienst an der Waffe in den Streitkräften ableisten, bestes Beispiel Israel und ihr Meister USA. Lesbische und nicht mehr gebärfähige Frauen werden karrieremäßig bevorzugt. Das hat zu einer fatalen Verkehrung der weiblichen Rolle in der Gesellschaft geführt. Frauen, ja selbst mehrfache Mütter finden sich vielfach an der Landespsitze eines Staates. Sie bekleiden immer häufiger die Ämter der ehemaligen Kriegesminister. Die Forderung einer Lysistrata hat sich demnach zum Scheine nach erfüllt. Aber doch zum Scheine nur, denn wir sehen die Fortsetzung der alten Kriegs- und Gewaltpolitik in neue geschminkter Maskerade. Frauen sind halt Menschen und genauso anfällig für Macht und Karrierestreben wie Männer, wenn man ihnen die unglückliche Möglichkeit dafür einräumt.
Krieg soll nach Gottes Wille nicht sein
Gott ist laut Thomas Mann vom Menschen erfunden3. Gott hat kein Geschlecht. Gott ist nach christlicher Vorstellung mit Jesu Geburt als Friedefürst inkarniert. Allah ist nach muslimischer Vorstellung der Allbarmherzige, der Allgütige, der den Frieden Liebende, er erfüllt also die ewige Sehnsucht des Menschen. Die Menschen aber haben den uneingelösten Auftrag ihre kurze Lebensspanne auf Erden so zu nutzen, dass sie ihre Angelegenheiten in friedlichem Wettstreit miteinander regeln, dass sie für einigermaßen gerechte Verhältnisse sorgen.
Gerechtigkeit ist der Schlüssel. Die Gier einiger weniger, die dazu führt, sich all die Schätze der Erde möglichst zum Nulltarif unter den Nagel reißen zu wollen, führt zum Verhängnis und das schon seit Jahrtausenden. Nach zwei verheerenden Weltkriegen im vorigen Jahrundert haben sich die Nationen auf eine Charta geeinigt, die die Kräfteverhältnisse diktierte. Diese Charta ist das Optimum des bisher Möglichen auf dem Wege zu einer friedlicheren und darüber am Ende gerechteren Weltordnung.
Es bleibt unser aller Auftrag, dafür einzutreten, dass der Geist der UN-Charta, der Geist der Brüderlichkeit, der gelobt, die Menschheit von der Geisel des Friedens zu befreien, Wirklichkit wird. Dafür positiv wirken können wir aber nur auf der Basis der uns vorgegeben rechtstaatlichen, verfassungsmäßig verbrieften Ordnung, innerhalb unseres Staatswesen also.
 Irene Eckert 21. 01. 2016
______
(1) Projektzeitung „Gewaltfrei MSK verändern“, Nr. 10 Feb. 2015, S. 10
(2) ″und vermenge auch sie mit dem Ganzen!
Und die Städte, bei Gott, die als Töchter der Stadt in der Ferne sich Sitze gegründet,
Übersehet sie nicht: denn sie liegen herum, wie zerstreute, vereinzelte Flocken.
Lest alle zusammen von nah und fern, aufschichtet sie hier und verflechtet
Die Wocken und wickelt ein Ganzes daraus und verspinnt es zu einem gewalt’gen
Garnknäuel! Aus diesem dann webet vereint für das Volk einen wollenen Mantel!”
(3)Thomas Mann, „Josef und seine Brüder“, Band 1- 4

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